Die größte deutschlandweite Studie zur Messung von Pestizidrückständen in unserer Luft wurde veröffentlicht und die Ergebnisse sind eindeutig:
Pestizide sind überall!
Ob im Naturschutzgebiet, in der Stadt, auf dem Bio-Acker oder auf hohen Berggipfeln – durch die vom Umweltinstitut München e.V. und dem Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft in Auftrag gegebenen Studie konnten deutschlandweit an 163 Standorten über 138 Pestizide nachgewiesen werden.
Eines davon war immer und überall mit von der Partie: Glyphosat. Doch auch andere Pflanzenschutzmittel sowie teilweise seit den 70er-Jahren verbotene Mittel sind auch jetzt noch – fast 50 Jahre später – in unserer Luft.
Die Rückstände von aktuell in Deutschland verbotenen, jedoch in anderen EU-Mitgliedstaaten zugelassenen Pestiziden wurden ebenfalls mehrfach nachgewiesen – dies beweist, dass Pestizide gerne in die Ferne reisen, und ganz und gar nicht dort bleiben, wo sie ursprünglich eingesetzt wurden. Sie haften sich an kleinste Staubpartikel und wehen kilometerweit durch die Luft. So landen sie z.B. auf Bio-Äckern. Und da Biolandwirt*innen schwerlich unter einer Käseglocke wirtschaften können, sind sie und wir alle als Verbraucher*innen machtlos gegenüber der gefährlichen Fracht, die der Wind auf unsere Felder weht.
Dieser nun erstmals durch die 1,5 Jahre angelegte Studie nachgewiesene Fernstransport von Glyphosat & Co wird weder bei der Zulassung noch Gefährdungsbeurteilung von Pestiziden ausreichend berücksichtigt. Die Untersuchung zeigt, dass sich Pestizide trotz aller Kontrollen und Vorschriften nahezu überallhin verbreiten – in Schutzgebiete, auf Bio-Äcker und in unsere Wohnräume. Welche Auswirkungen das für uns, unsere Gesundheit und die unserer Kinder hat, bleibt weiterhin ein großes Fragezeichen.
Doch in Sachen Einsatz für die Umwelt geht was voran: Das Umweltinstitut München (übrigens Mitglied der Kartoffelkombinat eG) nimmt sich wissenschaftlich fundiert der Fehlstellungen in der Agrarindustrie an und bringt Veränderung auf den Weg. Gemeinsam mit dem Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft fordert es ab sofort:
- Sofortiges Verbot der am stärksten verbreiteten Pestizid-Wirkstoffe.
Das betrifft Glyphosat, Prosulfocarb, Pendimethalin, Terbuthylazin und S-Metolachlor. - Entschädigung von Bio-Betrieben durch Pestizideinträge.
Bisher müssen Bio-Landwirt*innen oder Verarbeitungsbetriebe die Kosten für die Abgrenzung und Schäden durch Pestizid-Verunreinigungen selbst tragen. Das schlägt sich auch auf die Preise für Bio-Produkte nieder. Ein Entschädigungsfonds, in den die Chemieindustrie einzahlt, wäre gerechter und würde in die richtige Richtung steuern: Hin zu mehr Bio. - Reform der Zulassungsverfahren für Pestizide.
Die Verbreitung von Wirkstoffen durch die Luft muss vor der Zulassung in realistischen Experimenten gemessen und danach kontinuierlich beobachtet werden.
Unsere Atemluft geht uns alle etwas an, und eine grundlegende Wende in Sachen Pestizide muss her. Die Akteur*innen der Studie sind sich einig:
Mit Hilfe einer Mischung aus Verboten, der Forschung an Alternativen und ökonomischen Anreizen ist ein Ausstieg aus dem Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide in der Landwirtschaft möglich.
Das fordert auch die europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten!“. Wir haben bereits unterzeichnet: kartoffelkombinat.de/bienenundbauern.
Ein gute Zusammenfassung der Studie und Einblicke in die Arbeit der Forscher*innen findet Ihr in diesem Video. Weitere Infos zur Studie und weiterführende Links gibt’s hier.