Wir begrüßen den Sommer zwar mit offenen Armen, im Freiland arbeiten unsere Gärtner*innen aber aktuell bei 30 Grad und mehr oftmals in der prallen Sonne und kommen fast an die Belastungsgrenze – im Gewächshaus ist es logischer Weise noch heißer.

Im Vergleich zu anderen Ländern sind das sogar noch entspannte Rahmenbedingungen. Denn in brütend heißen Fabriken oder Steinbrüchen arbeiten derzeit schätzungsweise 160 Millionen Kinder unter dem gesetzlichen Mindestalter.

Das diesen Monat vom Bundestag beschlossene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz(!) soll hier Abhilfe schaffen und den Schutz grundlegender Menschenrechte und das Verbot von Kinderarbeit unterstützen. Das neue Gesetz tritt 2023 in Kraft und will deutsche Unternehmen, ab einer Größenordnung von 3.000 Angestellten, zu mehr Verantwortung für die gesamte Lieferkette veranlassen. 2024 folgen dann Unternehmen mit mehr als 1.000 Angestellten, die sich gleichermaßen dazu verpflichten durch z.b. Risikoanalysen und Risikomanagement nachteilige Auswirkungen auf die Menschenrechte aufzudecken und abzuwenden.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überprüft die Einhaltung des Gesetzes, kontrolliert die Unternehmensberichte und verhängt Sanktionen. Außerdem geht es Beschwerden nach, die von Betroffenen, deutschen Gewerkschaften oder NGOs eingereicht werden können. So ist es also theoretisch möglich, dass die Näherin aus Bangladesch sich an diese deutsche Behörde wenden kann, wenn in ihrer Arbeitsstelle Menschenrechtsverletzungen vorliegen. Wie realistisch dieses oder ähnliche Szenarien sind, sei mal dahingestellt. Ganz sicher ist dagegen, dass der bürokratische Aufwand bei den Unternehmen und dem Bundesamt erheblich ansteigen wird.

Die Bundesregierung, allen voran der scheidende Entwicklungsminister Müller, feiern das neue Gesetz als Meilenstein zu mehr Menschenrechten und sehen darin eine Blaupause für ein geplantes EU-weites Gesetz, das jedoch noch einige Zeit auf sich warten lassen wird. Auf politischer Ebene mag dieses Gesetz einen Schritt in die richtige Richtung darstellen, aber die unmittelbaren Auswirkungen auf die Arbeiterinnen und Arbeiter sind leider weiterhin in unserem täglichen Handeln begründet. Und somit auch in unseren individuellen Entscheidungen als Konsumenten auf Produkte zu setzen, deren Hersteller sich nachhaltigen und ökologischen Werten und Prinzipien verschrieben haben.

Fazit: Das verabschiedete Lieferkettengesetz ist die erste, längst überfällige und notwendige Voraussetzung für einen (hoffentlich stattfindenden) Wechsel weg von der individuellen Konsument*innen-Verantwortung hin zu einem systemischen Ansatz.

UPDATE:
Welche Unzulänglichkeiten das Gesetz hat und auf wessen Betreiben hin die entstanden sind, wurde in der aktuellen „Die Anstalt“-Sendung mit einer Tafelnummer erklärt:

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