Inwieweit können sich Städte nachhaltig aus der Region ernähren? Eine aktuelle Studie beantwortet diese Frage für München.
Frische Lebensmittel, kurze Transportwege, nachvollziehbare Herkunft aus der Region, wo Arbeitsplätze gesichert, Landwirtschaft von lokalen Bauern und Bäuerinnen betrieben wird und damit möglicherweise sogar vielfältigere Agrarlandschaften mit Erholungs- und Biodiversitätswert geschaffen werden.
Eine Vision, die für viele Großstadtregionen in Deutschland und Europa auch aus Nachhaltigkeitsgründen attraktiv ist: Kurze Transportwege sind klimafreundlicher. Ländliche Entwicklung und Beziehungen zwischen Stadt und Land können gestärkt werden, weil kurze Wertschöpfungsketten positive wirtschaftliche und soziale Auswirkungen vor Ort haben. Lokal ausgerichtete Anbauplanung kann sogar besonders umwelt- und biodiversitätsfreundlich erfolgen, wenn die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft.
Zunächst aber stellen sich wichtige Fragen:
Inwieweit ist diese Vision einer re-regionalisierten Landwirtschaft umsetzbar? Wäre es rein theoretisch betrachtet möglich, eine Großstadt, die selbst ja kaum Flächen für die Landwirtschaft bereithält, aus der Region zu ernähren? Wie groß wäre eine solche Region, wenn man berücksichtigt, dass Bodengüte, Betriebsstrukturen und betriebliche Spezialisierungen vergleichsweise typische und nicht ad hoc veränderbare Rahmenbedingungen darstellen für den Umbau einer Landwirtschaft, die neu entstehende regionale Märkte bedienen will?
Und welchen Einfluss haben wir Verbraucher*innen mit unserem Ernährungsverhalten? Was würde es z.B. für die mögliche Selbstversorgung einer Region bedeuten, wenn weniger Fleisch konsumiert würde, dessen Erzeugung bekanntermaßen deutlich mehr Fläche erfordert, als die Erzeugung der gleichen Menge an Proteinen auf pflanzlicher Basis?
Diesen Fragen geht die Studie „München isst regional – wie eine Metropolregion unabhängig vom Weltmarkt wird“ nach, die vergangenen Mittwoch von Karl Bär (Bundestagsabgeordneter B90/Grüne) im Münchner Zukunftssalon vorgestellt wurde.
Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) berechnet in dieser Potenzial-Studie, ob sich München und das weitere Umland theoretisch rein regional ernähren könnten, wenn man die Bevölkerung und das landwirtschaftliche Potenzial der Bezirke Oberbayern, Niederbayern und Schwaben einbezieht.
Die hierbei angewendete, sogenannte „Foodshed-Modellierung“ berechnet das theoretische Einzugsgebiet von Lebensmitteln, also den Flächenumfang, der nötig ist, um die Bewohner*innen unter Berücksichtigung ihres Konsumverhaltens mit Lebensmitteln verschiedener Produktgruppen aus dem direkten Umfeld zu ernähren. Wobei lokale (z.B. Anbaubedingungen, Erträge und landwirtschaftliche), aber auch naturräumliche Strukturen berücksichtigt werden. Szenarien erlauben die Berücksichtigung alternativer Produktionsmethoden, veränderter Ernährungsweisen, der Beibehaltung bestehender Spezialisierung auf Sonderkulturen (Hopfen) oder der Wiedervernässung von Moorgebieten.
Und siehe da: Der Süden Bayerns könnte sich (rechnerisch) selbst mit Lebensmitteln versorgen, sogar in Bio-Qualität. Trotz der hohen Bevölkerungsdichte, trotz der Berge und auch dann, wenn wir alle Moore wieder unter Wasser setzen.
Eine Halbierung des Konsums tierischer Lebensmittel, in Anlehnung an die Planetary Health Diet, würde eine regionale und ökologische Ernährung nochmal einfacher machenn. Denn weniger Eier, Milchprodukte und Fleisch zu essen, begünstigt einen geringeren Flächenbedarf.
Die Studie soll mehr sein als nur theoretische Berechnungen. Der Nachweis, wie viel möglich wäre, ist eine Einladung an alle, etwas zu verändern. Das lohnt sich, denn es sichert unsere Ernährung und stärkt die (Land-)Wirtschaft in der Region.